Ein besserer Dialog zwischen Ungeimpften und Geimpften

[fr]   [de]
dimanche 16 janvier 2022 à 13:21
Par Guilain Omont

Zusammenfassung : Der Dialog zwischen Ungeimpften und Geimpften ist fast unmöglich geworden. Jeder bewegt sich mehr und mehr in seiner eigenen hermetisch abgeschlossenen Blase. Dieser Artikel schlägt Lösungsansätze vor, um wieder einen Dialog zu ermöglichen und die eigene Blase unter besseren Voraussetzungen vielleicht sogar verlassen zu können. Wie das gehen kann, wurde unter anderem in einer der Sendungen bei „Arrêts sur images“ vorgeschlagen.

Zum ersten Mal seit Bestehen der Seite meilleursreseaux (fast 9 Jahre!) schreibe ich heute einen Artikel, der nicht in direktem Zusammenhang mit Immobilien-Maklern steht [das Thema von meilleursreseaux]. Aber ich habe diesen Abschnitt von Anfang an „Stammtisch“ genannt, und in diesem Sinne nehme ich mich also beim Wort...

Ich beobachte eine nicht enden wollende Spaltung zwischen Geimpften und Ungeimpften. Jeder schwimmt in seiner Blase. Ich werfe nicht mit Steinen – auch ich könnte in meiner Blase schwimmen, würde ich nicht (wenn auch eher unbeabsichtigt) beide Seiten gut kennen.

Ich kenne und verstehe die „geimpfte Seite“, weil ich grundsätzlich Vertrauen in die Institutionen (politisch, wissenschaftlich, medial,...) habe und weil ich denke, dass ich den vielen veröffentlichen Statistiken Glauben schenken kann (ich weiß, dass es Lobbys gibt, aber ich glaube nicht an ihre Allmacht). Ein Fakt zur Verdeutlichung: ich habe mich zu einer Zeit mit Astra Zeneca impfen lassen, in der viele Menschen diesen Impfstoff nicht mehr haben wollten und in der zahlreiche Impfdosen vernichtet wurden (ich habe mir vorher die Statistiken angesehen und sie erschienen mir überhaupt nicht beunruhigend). Seither habe ich die Statistiken weiter verfolgt und mir zwei weitere Dosen dieses Impfstoffs geben lassen, und ich bin bereit, dies fortzuführen, sollte es notwendig sein.

Ich kenne und verstehe die „ungeimpfte Seite“. Ich habe zahlreiche Freundinnen und Freunde, die sich nicht impfen lassen möchten. Ich bin sehr aktiv in so genannten „alternativen Bewegungen“ (z.B. alternative Erziehungsformen/Schule, Leben im Kollektiv, alternative Beziehungsformen u.a.), in welchen Menschen oft kein großes Vertrauen in nationale und internationale Institutionen haben. Des Weiteren bin ich sehr gegen einen Impfpass/Covid-Pass und beteilige mich aktiv daran, die Einführung und Durchsetzung eines solchen zu verhindern (warum, erkläre ich im Anhang dieses Artikels). Auch in diesem Umfeld kenne ich natürlich Leute, die sich nicht impfen lassen möchten (nur in Deutschland, da ich als gebürtiger Franzose hier lebe und es hierzulande seit mehreren Monaten die zum in Frankreich eingeführten Covid-Impfpass äquivalente „2G-Regelung“ gibt).

Für mich ist der Dialog zwischen den beiden „Seiten“ schwierig:

  • Es ist schwierig für die Geimpften, nicht zu denken, fast alle Ungeimpften seien irrational/Impfgegener und/oder Verschwörungsanhänger/Nazis und/oder Faulenzer/Egoisten (und somit verloren für die Gesellschaft)
  • Es ist schwierig für die Ungeimpften, nicht zu denken, dass die Geimpften ahnungslose Schafe sind, die nicht mitdenken, ohne jeden kritischen Geist und bereit, jede mögliche Diktatur oder Diskriminierung zu akzeptieren, nur um ihr „gutes kleines Leben“ von vorher weiterleben/wiedererlangen zu können (und sich so zu heimlichen Komplizen eines aufziehenden Faschismus machen).

Es stimmt mich froh, zu sehen, dass es Fortschritte zum ersten Punkt gibt. Zum Beispiel hat Arrêts sur images vorgestern die Sendung „Wer sind die Ungeimpften?“ [fr] ausgestrahlt.

Zu Einführung, als der „Lebenslauf“ der eingeladenen Gäste (im wissenschaftlichen oder medialen Sektor situierte Personen) gezeigt wird, habe ich Angst, dass man immer noch versucht zu verstehen, wie die Irrationalität zum Thema Impfen bei den Menschen entstehen konnte (das ist sicher ein interessantes Thema für sich, es gibt viele irrationale Menschen und das hat Auswirkungen, aber das ist wieder eine Form des Angriffs, der es verhindert, zu verstehen, wer die „Ungeimpften“ sind). Letztendlich passiert zu meiner großen Überraschung genau dies nicht auf der Bühne.

Was auf der Bühne passiert, ist eine Debatte, in der die Eingeladenen die rationalen Aspekte der Wahl, sich nicht impfen zu lassen, wiederentdecken. Eine Debatte, in der sich Stück für Stück die Komplexität des Themas entfaltet. Kein schwarz oder weiß. Hier ein paar Beispiele:

  • Ungeimpfte sind statistisch nicht weniger „intelligent“
  • Die Verkürzung der dritten Testphase der Impfstoffe wurde durch eine größere Arzneimittelüberwachung kompensiert (mit Veröffentlichung der Daten), aber die Zahlen und Fakten zu den unerwünschten Nebenwirkungen sind auf Grund des aufwendigen und langwierigen Prozesses derzeit unterdeklariert (es gibt beispielsweise gute Gründe anzunehmen, dass das globale Auftreten von Endometriosen in einem Zusammenhang mit Impfungen steht, aber es gibt keine Zahlen; nur in den USA werden hierzu breit angelegte Studien durchgeführt).
  • Das Nutzen-Risiko-Verhältnis ist schwierig zu kalkulieren (unter anderem, weil Langzeitwirkungen bei beiden Varianten schwer abzuschätzen sind). Nach aktuellen Kenntnissen ist das Verhältnis in etwa bei Faktor 10 (was recht schwach ist für einen Impfstoff), und für manche Bevölkerungsgruppen sogar nur bei Faktor 1.
  • Es gibt eine Tendenz, innovative Mittel wie den Impfstoff oder Smartphone-Apps, die in den Augen vieler „sexy“ sind, privilegiert zu behandeln, und zwar zum Nachteil effizienterer Mittel wie Masken und die Systeme zur Luftverbesserung.

Diese Sendung gefällt mir sehr, denn sie trägt dazu bei, die beiden Seiten wieder zu verbinden. Den Geimpften hilft sie, die Diversität unter den Ungeimpften besser wahrzunehmen, und auch zu sehen, welche (durchaus auch stichhaltigen) Informationen in dieser „Blase“ zirkulieren. Den Ungeimpften erlaubt sie ohne Zweifel, sich darin wiederzuerkennen und sich wieder mehr mit der Welt der Geimpften zu verbinden.

Die Meinungsfreiheit stärken (egal, was es kostet)

Aber warum sollen die Geimpften den ersten Schritt tun? Warum schauen nicht Ungeimpfte Sendungen, in denen erklärt wird, wer die Geimpften sind und welche Argumente es für die Impfung gibt? Ein erstes Hindernis ist, dass die Ungeimpften vorsätzlich von den klassischen Medien ausgeschlossen wurden und werden. Selbst von den sozialen Systemen werden sie abgewiesen. Sicherlich kursieren in ihrem Umfeld mehr Falschinformationen, und das schadet den Regierungskampagnen für die Gesundheitsfürsorge der Bevölkerung. Vielleicht hat man kurzfristig verhindert, dass einige Leute von Falschinformationen beeinflusst werden, aber zu welchem Preis? Indem man sie verbannt hat, hat man den einfachsten, und zudem einen sehr kurzfristigen Weg gewählt. Infolgedessen müssen sich die betreffenden Menschen Räume suchen, die mit den klassischen Medien nichts zu tun haben, zum Beispiel Telegram-Gruppen. Sie werden gezwungen, eine „undurchdringliche Blase“ zu erschaffen. Da sie ihre freie Meinungsäußerung offiziell verloren haben, entwickeln sie ein noch viel größeres Misstrauen gegen das System. Sie halten das System für immer weniger glaubwürdig. Es werden mehr und mehr Informationen ausgetauscht, die sie in ihrer eigenen Position bestätigen und die das System und die Geimpften lächerlich erscheinen lassen. Es ist ein Teufelskreis.

Um aus diesem Teufelskreis auszusteigen, muss das System auf die Leute zugehen, sie ernst nehmen und akzeptieren, und auch solche Informationen veröffentlichen, die nachteilig für die Gesundheitskampagnen sein können. In der Sendung von Arrêts sur images wird dies mit einem guten Beispiel aufgezeigt: sie stellen fest, dass in den Medien viele Covid-Kranke gezeigt werden, aber man keine Menschen zeigt, die an unerwünschten Nebenwirkungen der Impfung leiden (in den Telegram-Gruppen, die viele Ungeimpfte nutzen, ist es indes umgekehrt). Das ist die Art Schieflage, die den Dialog zwischen Umgeimpften und Geimpften untergräbt! Anderes Beispiel: François Alla sagt, dass für die 18-40jährigen die dritte Impfdosis nur wenig Vorteile bringe (zwischen 0 und 2 intensivmedizinisch zu betreuende Fälle weniger pro Woche in ganz Frankreich). Einige missbilligen es sicher, solche Behauptungen publik zu machen, da sie riskieren, dass die Impfquote abflacht. Es ist nicht bequem für einen Journalisten, wenn er riskiert, die Menschen im Widerspruch zu den Impfkampagnen zu beeinflussen (man kann sich genauso gut irren)... Aber die Alternative (die Beschneidung der Freiheit der Meinungsäußerung, hier in Form einer automatischen Zensur) ist wahrlich die schlechteste auf lange Sicht. Wenn die Medien nicht die Möglichkeit haben, zu versuchen, die Realität abzubilden und zu untersuchen, ist die Demokratie im Verschwinden begriffen...

Kurz, die große Mehrheit der Akteure in den Medien scheint sich einig zu sein, um jeden Preis die Impfkampagne zu schützen, indem nur die Informationen veröffentlicht werden, die „gut hinein passen“. Ich denke, das ist ein Fehler, der sehr kurz gedacht ist, der uns sehr teuer zu stehen kommen kann, seit es so einfach für jeden ist, seine Meinung einer breiten Masse kundzutun! Arrêts sur images hat das verstanden, und das gibt mir Hoffnung...

Das Projekt „Zwischen den Blasen“

Und was kann ein „Otto-Normal-Bürger“ (weder Journalist noch Influencer) dafür tun, den Dialog zwischen Geimpften und Ungeimpften zu ermöglichen? Erfahrungsgemäß ist die direkte Debatte über die verschiedenen Vorstellungen von zwei so getrennten „Blasen“ nur selten erfolgreich, wenn es darum geht, sich wirklich zuzuhören und einen Fortschritt zu erzielen. Mein Vorschlag ist es, den Dialog in zwei deutlich abgetrennte Bereiche zu unterteilen:

  • Während der direkten Konversation (in persona oder am Telefon) die Aufmerksamkeit auf die gegenseitige Empathie zu legen, sich dafür zu interessieren, wie das gegenüber die Situation erlebt, seine Gefühle und Bedürfnisse ect., und zwar ohne in eine Debatte der Standpunkte zu geraten.
  • Den Diskurs über die verschiedenen Standpunkte auf eine indirekte Art und Weise zu realisieren, mit Hilfe des nicht gleichzeitigen Teilens von Links zu Artikeln oder Videos, und mit einer Begrenzung. Zum Beispiel könnte man sich auf 30 Minuten Lese-/Videozeit pro Monat einigen (ansonsten bestünde das Risiko, von einer Überzahl an Links überflutet zu werden)

Wenn Sie am Projekt teilnehmen möchten, reicht es aus, das untenstehende Formular auszufüllen. Ich bringe Sie in Kontakt mit einer Person aus „der anderen Blase“, und ich informiere Sie ggf. über den Fortschritt dieses Projektes (das ist der einzige Verwendungszweck für die Daten, die Sie hier eingeben):

Vorname und Name* :
Email* :
Stadt* :
Postleitzahl* :
Land* :
Blase/Seite* :
Nur eine geographisch nahe Person vermitteln :
Kommentar :

 

 

Anhang: Warum bin ich gegen einen Covid-Pass und wieso beteilige ich mich aktiv am Widerstand dagegen?

Der Impfpass wurde in Frankreich als Äquivalent zur Impfpflicht eingeführt. Es gibt zwei Argumente, mit denen der Staat (im Einvernehmen mit der breiten Bevölkerung) diesen enormen Druck auf die Ungeimpften rechtfertigt:

  • Die Ungeimpften verbreiten das Virus und sind darum eine Gefahr für vulnerable Menschen.
  • Die Ungeimpften blockieren die Krankenhausbetten, weil sie eine größere Wahrscheinlichkeit für einen schweren Krankheitsverlauf haben.

Inzwischen ist es erwiesen, dass die Geimpften die Omnicron-Variante nicht an ihrer Ausbreitung hindern, das erste Argument ist somit hinfällig. Aber selbst als das noch nicht klar war, hat mich dieses erste Argument nicht überzeugt. Man kann nicht zu 100% verhindern, dass Menschen aufgrund ihres Verhaltens mitverantwortlich sind für die indirekte Verursachung von Todesfällen. Wenn ich Auto fahre, könnte ich unter Umständen unbeabsichtigt einen Fußgänger töten, und dennoch ist das kein ausreichender Grund, mir grundsätzlich das Autofahren zu verbieten. Ein anderes Beispiel (ok, es ist etwas an den Haaren herbeigezogen): Wenn Eure Eltern davon träumen, dass ihr Arzt werdet, ihr aber Künstler werdet und sie sich deshalb umbringen (weil ihr in ihren Augen alles für sie seid und ihr ihnen das Leben damit ruiniert habt), ist das kein Grund, euch zu verbieten, Künstler zu werden. In den Augen der Geimpften ist es ein Klacks, sich impfen zu lassen: ich höre oft die Leute sagen „durch die Impfpflicht kriegen die Ungeimpften einfach einen kleinen Piks und schon können sie sich wieder anderen Dingen zuwenden“. In dieser Vision ist es völlig absurd, den indirekten Tod von anderen Menschen zu riskieren. Aber es ist wichtig zu verstehen, dass für viele Ungeimpfte eine so große Angst vor dem „Piks“ besteht, dass sie beispielsweise lieber in Kauf nehmen würden, für den Rest ihres Lebens kein Auto mehr fahren zu dürfen (um etwa einen Kompromiss für einen Ausgleich der potentiell unabsichtlich verursachten Todesfälle zu finden). Die Angst ist so groß, dass sie dafür das potentielle Risiko in Kauf nehmen (nur ungern, versteht sich, und viele streiten übrigens dieses Risiko ab, um mit der Situation besser umgehen zu können). Wenn man die Komplexität der Frage nach dem Corona-Impfstoff betrachtet, wer kann dann behaupten, dass ihre Angst nicht ausreichend ist, sich das Recht zu nehmen, unter Umständen indirekt Todesfälle zu verantworten?

Bezüglich des zweiten Arguments sagt Francois Alla in der Sendung Arrêts sur images, dass eine von zwei Personen durch ihr eigenes Verhalten im Krankenhaus landet (Alkohol, Tabak, Ernährung, Bewegungsmangel etc.). Dass die Gesellschaft die Behandlungskosten für solche Krankheiten trägt, scheint mir eine gute Sache zu sein. Sie hat dadurch aber nicht das Recht, jemandem zu verbieten, mit seinem eigenen Körper zu tun, was er möchte! In diesem Fall ist Prävention das beste Mittel (man sollte im Übrigen nicht vergessen, dass der größte Schaden für die Person selbst entsteht).

Sicherlich gibt es Ausnahmen: verpflichtende herkömmliche Impfungen, Sicherheitsgurte im Auto etc. Aber diese Themen sind weit weniger komplex: klassische Impfstoffe existieren seit geraumer Zeit, die Wirkungen und Nebenwirkungen sind lange erforscht (ich kenne übrigens nur Covid-Ungeimpfte, die sich vorbehaltlos mit den früheren obligatorischen Impfstoffen haben impfen lassen); die durch einen Sicherheitsgurt im Auto entstehenden Unannehmlichkeiten sind gering, usw.

Ein weiterer Einwand: eine Epidemie stellt uns vor ganz andere organisatorische Probleme als Krankheiten, die konstant vorhanden sind. Es sind in großer Häufigkeit und innerhalb kurzer Zeit auftretende Fälle und die Tragweite ist schwer vorauszusehen. In der Tat besteht ein großer Unterschied zu den oben genannten Krankheiten, aber es wird immer mehr und öfter Pandemien geben. Wir haben noch keinen Impfstoff oder andere Medikamente, die die Wogen der Pandemie zu glätten vermögen. Und wenn unsere Strategie in erster Linie auf einem innovativen Produkt beruht, dass nicht so gut funktioniert, dass es von 95% der Bevölkerung genutzt wird, ist sie vergeblich. Es gibt eine große Anzahl Menschen, die eine starke Abneigung gegen Institutionen haben, und sie würden alles dafür tun, um sich diese innovativen Mittel nicht injizieren lassen zu müssen. Wir können diese Menschen nicht in jeder Pandemie dazu zwingen. Die einzige Lösung ist die Bemühung eines „Arsenals sanitärer Maßnahmen“ [fr], von der auch die in der Sendung Arrêts sur images eingeladenen Gäste sprechen (Masken, überall verfügbare Schnelltests, Luftverbesserungsanlagen, mit besseren Mitteln ausgestattete Krankenhäuser, Apps zur Erfassung, Nachverfolgung und Begleitung positiv Getesteter, sanitäre Einrichtungen etc.). Und wenn trotz alledem ein Lockdown nötig werden sollte, ist es nicht gerecht, die Ungeimpften zu „bestrafen“ unter dem Vorwand, dass unser „Arsenal“ nicht gereicht hat.

Kommentare

Seien Sie die/der Erste, die/der diesen Artikel kommentiert!

Kommentieren

Danke, dass Sie das Kontaktformular nutzen, bitte benennen Sie in Ihrem Kommentar den Artikel, auf welchen Sie sich beziehen.